Stress-Schwitzen: So kann Achtsamkeit bei Hyperhidrose helfen

Interview mit Dr. Harald Lucius
Junge Frau in weißer Bluse, die am Schreibtisch sitzt und sich mit den Händen Luft zufächelt als Sinnbild für Stress-Schwitzen bei Hyperhidrose
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    Stress und Schwitzen sind wie alle chronischen Krankheiten oder Störungen untrennbar verbunden – in stressigen Situationen bricht uns schon mal der Schweiß aus. Doch für manche Menschen wird dieses Schwitzen zu einer oft andauernden Belastung. Übermäßiges Schwitzen, auch Hyperhidrose genannt, kann zu einem Teufelskreis führen: Das ständige Schwitzen ist purer Stress, und dieser Stress führt wiederum zu noch mehr Schwitzen.

    In einem Interview mit Dr. Harald Lucius, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, spezielle Schmerztherapie sowie Achtsamkeits- und Meditationslehrer, beleuchten wir die Bedeutung von Achtsamkeit im Umgang mit „Stress-Schwitzen“ und Hyperhidrose. Er erklärt, wie Achtsamkeit beim Umgang mit Stress und mit chronischen Krankheiten helfen kann und gibt Tipps zu Achtsamkeitsübungen.

    Warum schwitzen wir bei Stress?

    Wenn wir Stress erleben, aktiviert der Körper eine komplexe Reaktion, die als Stressreaktion oder "Kampf-oder-Flucht-Reaktion" bekannt ist. Dieser Prozess wird immer dann in Gang gesetzt, wenn der Körper auf Gefahr reagiert – egal ob die Bedrohung körperlich oder emotional, echt oder eingebildet ist.

    Ganz automatisch werden im Gehirn verschiedene Botenstoffe ausgeschüttet – und über eine komplexe Kaskade setzen die Hirnanhangsdrüse und die Nebennieren Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol frei. Die unmittelbare Folge ist eine Reizüberflutung des Organismus.

    Im Weiteren erhöhen sich beispielsweise der Puls und die Atemfrequenz, die Muskelanspannung nimmt zu, die Haare stehe uns „zu Berge“ – während die Verdauungsaktivität zeitweise gehemmt wird. Die Pupillen erweitern sich, Energiereserven (Cortisoleffekt) werden freigesetzt und unter anderem wird den Schweißdrüsen signalisiert, mehr Schweiß zu produzieren. Deshalb treiben uns stressige Situationen häufig den sprichwörtlichen Schweiß auf die Stirn.

    Dies alles ist eine Folge der Aktivierung des sympathischen Nervensystems und der gleichzeitigen Hemmung des parasympathischen Nervensystems, das den Körper so auf erhöhte Leistungsanforderungen vorbereitet.

    Hyperhidrose: Wenn Schwitzen zu Stress führt

    Grundlos übermäßiges Schwitzen wird als Hyperhidrose bezeichnet. Die genaue Ursache dieser Erkrankung ist noch nicht gänzlich geklärt, allerdings spricht einiges dafür, dass unter anderem eine Fehlfunktion des sympathischen Nervensystems, also des „Schwitzsystems“, für das übermäßige Schwitzen verantwortlich ist. An die Schweißdrüsen werden Signale zur Schweißproduktion gesendet, obwohl dafür aus körperlicher Sicht gar kein Grund besteht.

    Besonders knifflig: Für Betroffene führt das übermäßige Schwitzen häufig zu einem verstärkten Stresserleben – und das hat zur Folge, dass sie noch mehr schwitzen. Ein Teufelskreis wird in Gang gesetzt, der für die Betroffenen nicht nur unangenehm ist, sondern auch zu einer psychischen Belastung werden kann.

    Du hast den Eindruck, dass dein Schwitzen übermäßig sein könnte?

    Tipps zur Stressbewältigung: Das Achtsamkeits-Interview mit Dr. Harald Lucius

    Um aus dem Stress-Schwitzen-Kreislauf auszubrechen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine davon ist, sich dem Thema mit Achtsamkeit zu nähern. Sie kann dabei helfen, Stress abzubauen, indem das Reaktionsverhalten verändert wird. Dadurch kann es gelingen, das Schwitzen zu beeinflussen und so bei der Behandlung von Hyperhidrose zu unterstützen.

    Achtsamkeit (engl. Mindfulness) ist ein Begriff, der seinen Ursprung im Buddhismus hat. Seit einigen Jahrzehnten hat die Praxis der Achtsamkeit auch außerhalb des religiösen Kontextes an Bedeutung gewonnen. Spezielle Übungsprogramme werden zunehmend in anderen Bereichen (Medizin, Bildungswesen, Industrie) angeboten und sind sogar Bestandteil spezifischer Therapieverfahren – z. B. in der achtsamkeitsbasierten Psychotherapie.

    Zentraler Baustein ist die achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (kurz MBSR für engl. Mindfulness Based Stress Reduction). Die Methode geht auf Jon Kabat-Zinn zurück und wurde Ende der 1970er Jahre in den USA entwickelt.

    Wir haben mit dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Schmerztherapeuten und zertifizierten MBSR-MBCT-Lehrer Dr. Harald Lucius über Achtsamkeit, Stress-Schwitzen und den Einfluss, den MBSR-Übungen auf übermäßiges, grundloses Schwitzen (Hyperhidrose) haben können, gesprochen.

    Über Dr. med. Harald Lucius

    Portrait von Dr. med. Harald Lucius – Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, sowie zertifizierter MBSR-Lehrer und Experte für Achtsamkeit

    Dr. med. Harald Lucius ist promovierter Facharzt für Neurologie und Psychiatrie. Er ist auf die Therapie chronischer Schmerzen, Chirotherapie und Akupunktur spezialisiert.
    Seit 2010 ist er zudem zertifizierter MBSR-Lehrer und Experte für Achtsamkeit.
    Zur Website von Dr. Harald Lucius

    Bevor wir näher auf das Thema „Stress und Schwitzen“ eingehen, können Sie uns in Ihren eigenen Worten eine Definition für Achtsamkeit geben?
    Das klingt erstmal einfach. Und auch ein bisschen esoterisch, um ehrlich zu sein. Ist achtsam sein etwas Spirituelles?
    Bedeutet das, dass Achtsamkeitstraining auch bei starkem Schwitzen helfen kann?
    Können Sie ein konkretes Beispiel geben, was ich bei Stress-Schwitzen tun kann?
    Das müssen Sie mir genauer erklären. Wie übe ich denn Achtsamkeit?
    Und was hat es mit dem zweiten A, der Aufmerksamkeit, auf sich?
    Es klingt so paradox, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, was ich eigentlich verdrängen möchte.
    Die Hyperhidrose ist nun eine Krankheit. Können Achtsamkeitsübungen auch hier helfen?
    Eine sehr kraftvolle Hilfe ist, etwas selbst zu tun. Ich bekomme das Gefühl, Einfluss nehmen zu können auf meine Erkrankung.
    Eine sehr kraftvolle Hilfe ist, etwas selbst zu tun. Ich bekomme das Gefühl, Einfluss nehmen zu können auf meine Erkrankung.
    Dr. med. Harald Lucius
    Facharzt für Neurologie und Psychiatrie und zertifizierter MBSR-Lehrer
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    Wie kann ich mir das genau vorstellen?
    Kann jeder auf eigene Faust mit Achtsamkeitsübungen loslegen?
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    Redakteure von nervtdichdeinschwitzen.de

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